kleiner Bruder

Ich habe kein schlechtes Gewissen. Meine Mutter ist bei einem Autounfall gestorben und meine Schwester hängt blutend an einem Baum zweihundertdreißig Meter in den Wald hinein. Und mein Vater? Nun, sein Zug wird irgendwo auf dem Weg hierher entgleisen. Aber ich habe kein schlechtes Gewissen. Denn sie haben es alle verdient. Aber beginnen wir am Anfang. Vor zwei Jahren ist mein kleiner Bruder gestorben. Er war nur sieben Monate alt. Meine Eltern waren in ihrem Schlafzimmer und hatten Sex. Sie denken wir würden das nicht mitkriegen. Im Nebenzimmer chattete meine Schwester mit ihren Freundinnen und ein paar Jungs. Stundenlang macht sie das jeden Tag. Aber zurück zum Thema. An diesem Abend war ich mit meiner Freundin im Kino und da der Rest meiner Familie auch beschäftigt war, bekam niemand etwas von dem Unglück mit, das in diesem Moment im Badezimmer geschah... Mein Bruder war irgendwie dort hineingekommen, wahrscheinlich hatten meine Eltern vergessen abzuschließen. Jonathan, so heißt - hieß - mein Bruder, hat es dann irgendwie fertiggebracht in die Badewanne zu fallen. Und was soll ich sagen? Meine Schwester hatte vergessen das Wasser rauszulassen nachdem sie mit dem Baden fertig war. Und bekanntlicherweise reichen schon ein paar Zentimeter Wasser, um ein Kind im Wasser ersticken zu lassen. Naja, das ist dann wohl auch passiert. Nachdem meine Eltern mit ihrer Orgie fertig waren, ging mein Vater dann ins Bad und fand Jonathan. Tod, natürlich. Er hat mich dann auch sofort angerufen. Ich bin so schnell wie möglich gekommen. Ein letztes Mal wollte ich meinen Bruder noch sehen, aber darauf hätte ich besser verzichtet. Er hatte eine riesige Platzwunde in seinem bleichen Gesicht. Seine Augen starrten mich mit leeren Blicken an. Ich hätte meine Eltern angeschrien, aber ich war viel zu wütend. Wortlos ging ich in mein Zimmer. Sicher hast du verstanden was meine Familie mit Jonathans Tod zu tun hat. Zwei Jahre habe ich Rachepläne geschmiedet und heute ist der Tag der Abrechnung gekommen. Meine Eltern sind Tod, genau wie meine Schwester. Jetzt gibt es nur noch eine einzige Person die Jonathans Tod hätte verhindern können... Jetzt gibt es nur noch eine einzige Person die Jonathans Tod hätte verhindern können: mich. Ich nehme mir das große Messer aus der Küchenschublade und schneide mir in den Arm. Einen langen, tiefen Schnitt mache ich, der sich sofort mit Blut füllt. Das geschieht noch einige weitere Male, bis ich das Messer schließlich blutüberströmt höher hebe. Auf Augenhöhe. Und dann stoße ich zu. Ich ziehe das Messer wieder raus. Mein linker Augapfel hängt daran. Das stört mich nicht. Nur noch einen letzten Stich. In mein Herz. Die Küche verschwimmt vor meinem übrig geblieben Auge, dann wird es schwarz. Ich bin Tod. Und jetzt? Jetzt beseitige ich die Zeugen, denn ich will nicht das man schlecht über mich als Toten redet. Und das wird man wenn das jemand erfährt. Es gibt also nur einen Weg: Ich komme zu jedem einzelnen der meine Geschichte gelesen hat nach Hause und töte ihn. Es bringt nichts, die Seite schnell zu schließen und so zu tun als wüsstest du von nichts. Ich weiß das du die Geschichte kennst. Genauer gesagt sehe ich dir gerade dabei zu wie du das hier liest. Schau mal zum Fenster rüber. Ja hier bin ich. Du kannst mich nicht sehen, weil ich tot bin. Aber ich schaue gerade durch dein Fenster und sehe wie du verängstigt den letzen Satz meiner Geschichte liest. Und du bist zurecht verängstigt. Denn um Mitternacht wirst du mich sehen können. Zum letzen Mal überhaupt wirst du etwas sehen können. Ich werde dich erwürgen. Erst erwürgen und dir dann die Kehle aufschlitzen.
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